Samstag, Juni 21, 2008

24 Zentimeter

Der Kaffee in der Tasse war dunkelbraun. Noch dampfte er. Der Geruch überdeckte den widerlichen Gestank toten Fleisches und getrockneten Blutes. Überall klebte es. An ihren Händen, an der Kleidung, der Teppich hatte sich vollgesogen und ein Teil der Wand bezeugte die schreckliche Tat. Blutspritzer klebten an der ehemals weißen Wand, das Blut war herunter gelaufen und hatte schließlich am Ende des Weges Nasen gebildet. Neben ihr auf dem Tisch lag die Tatwaffe. Eines der Messer aus der Küche. Wie stolz er immer auf seine Messer gewesen war. Gepflegt hatte er sie, sauber gehalten, ordentlich aufbewahrt. Alle hatten eine Geschichte, wie er einmal erzählt hatte. Wie gerne er kochte. Dafür all die Messer. Japanische oder so. Sündhaft teuer.

Jana stand auf und suchte die Hülle. Sie fand sie in einer Schublade. "Tojiro Damaskus Pro (63 Lagen)" stand auf einer goldfarbenen Schachtel, die das Messer beinhaltet hatte. Darin lag ein Zettel, der alle weiteren Details festhielt. "21 cm Klingenlänge, 200 g schwer", mit Bleistift war der Preis notiert worden: "368,00 Euro".

"Dafür hattest Du Geld." Sie warf die Schachtel auf den Boden und kickte sie quer durch die Küche. Die verdammte blitzblanke Küche, die genau widerspiegelte, wie er gewesen war. Sauber, rein, glänzend. Makellos. All das verkörperte er, es hatte ihn bekannt und erfolgreich gemacht, hatte ihm Geld eingebracht und dafür gesorgt, dass niemand hinter die Fassade blicken wollte. Die Zeitungen hatten Homestories abgedruckt, mit Tausenden von Fotos einer blitzenden Küche, der sündhaften teuren Einrichtung, der weißen Ledercouch, des Flachbildfernsehers. Ein romantisches Schlafzimmer, natürlich auch mit sündhaft teurer Einrichtung, hatte der Frau, die es in seinem Leben leider noch nicht gab, den perfekten Ehemann in spe mit dem absolut perfektem Sexualleben versprochen.

James war nicht perfekt gewesen. Es war nur eine Fassade, die einstürzte, sobald sich die Haustüre schloss, die Rolläden herunter gelassen worden waren und die Öffentlichkeit nichts mehr sehen konnte, was sich in seinem Leben und in seinem Haus abspielte. Dann war Jana da. Die Haushälterin, die sich doch eigentlich "so glücklich" schätzen konnte, wie die Medien es formuliert hatten. Aber Jana war nicht glücklich, denn sie hatte eine Seite von James kennengelernt, die sonst wohl niemand kannte. Er war ein Tyrann gewesen, hatte sie geschlagen, gedemütigt und sie wie eine Sklavin gehalten, die jede Nacht seine perversen Spielchen aushalten musste.

Jana hatte fliehen wollen, aber das hatte er ihr ausgetrieben, indem er sie eine Woche in den dunklen, kalten Keller gesperrt hatte. Ohne Nahrung, ohne einen Schluck Wasser. Sie hatte nicht gedacht, so etwas überleben zu können, aber sie hatte es überlebt - und es jeden Tag mehr bereut.

Es gab keinen Plan. Die Hoffnung war lange geflohen. Aber es gab dieses Messer, das Jana am Nachmittag heimlich genommen hatte. James hatte ihr am Morgen eine "heiße, geile Nacht" versprochen und sie wusste nur zu gut, was das bedeutete. Sie wollte vorbereitet sein, sich wehren können, wenn er sie wieder fesselte, quälte, vergewaltigte.

Schlecht gelaunt war James nach Hause gekommen, hatte geschimpft und geflucht und sie angeschrieen: "Der Tag war scheiße! Und Du, Schlampe? Hast Du Dich schön ausgeruht? Komm her, blas mir einen, Du kleine Hure!" Damit hatte die Nacht angefangen und sie war lange und endlos gewesen. Geprägt von Folter, Schlägen und Vergewaltigungen. Sie hatte geschrieen vor Schmerzen, ihn angefleht, sie in Ruhe zu lassen, geweint, sich erniedrigt und irgendwann, nach vielen Stunden still alles ertragen.

Als der Morgen graute, hatte er von ihr abgelassen und es sich auf der Couch bequem gemacht. Jana war zitternd aufgestanden, hatte das Messer aus seinem Versteck geholt und hatte sich auf James gestürzt. Er war zu langsam gewesen, zu überrascht, um sich zu wehren. Eigentlich hatte Jana ihn nur kastrieren wollen, aber als sie ihn schreien hörte, als sie sein bestes Stück in den Händen hielt und das Blut sah - all das Blut in seinem Schoß, auf dem Leder, an ihren Händen - da hatte sie weitergemacht und zugestochen. Immer und immer wieder. In das Ledersofa, in seine Arme, seine Beine, seinen Bauch. Wann hatte er aufgehört zu schreien? Wann hatte er nicht mehr geatmet? Welcher Stich war der tödliche gewesen? Jana wusste es nicht. Sie war in eine Art Trance verfallen und erst aus ihr erwacht, als James schon lange tot war und das Wohnzimmer einem Schlachtfeld glich. Überall war Blut. Ihrer rechten Hand das Messer, in ihrer linken Hand sein schlaffer, toter Penis. Sie hatte ihn angestarrt und war aufgestanden, um beides auf den Tisch zu legen. James hatte sie nicht angesehen. Wie jeden Morgen hatte sie Kaffee gemacht. Schwarz und stark. Sie hatte eine Tasse genommen und sich eingeschenkt.

Und jetzt war sie hier. Sicherlich würde es nicht mehr lange dauern, bis die Cops kamen und sie mitnahmen und somit ihr Todesurteil besiegelten. Für Mord stand in diesen Breitengraden die Todesstrafe. Jana würde sterben. Als die Mörderin des großen, reinen Stars. Nicht als das Opfer, das sich gewehrt hatte.

Der Kaffee war kalt, als sie aufstand, das Messer nahm und das Stück Fleisch, das die ganze Zeit leblos daneben gelegen hatte. Sie ging zum blutverschmierten Körper ihres Peinigers und rammte das Messer durch den Penis in James' Brust. Dann tauchte sie ihre Hand in das trocknende Blut und schmierte an es an die Wand. "Besessenes Monster" schrieb sie blutig an die unschuldige Wand.

Jana ging in die Küche, riß die Schubladen auf und suchte das längste Messer, das James besaß. Es war ein Hattori Messer, was immer das auch sein mochte. 24 cm reichten ihr. Die Klinge lächelte ihr zu, als sie sich die Hände wusch und sein Blut in den Ausguss floss.

Das Messer in der Hand, ging sie ins Wohnzimmer, sah lächelnd auf ihr Werk und spuckte im Vorbeigehen auf den leblosen blutigen Fleischberg, der einmal ihr Peiniger gewesen war.

Die Sonne ging gerade über dem Meer auf und tauchte alles in ein erwartungsvolles Lächeln. Jana trat ans Fenster und sah diesem Schauspiel der Natur zu. Sie hatte dies immer getan nach Nächten der Qual und der Schande. Heute war es anders. Sie hatte gewonnen.

Jana hob das Messer. "Ich habe meine Hände in Unschuld gewaschen", sagte sie. Die Cops würden sie nicht kriegen. Aber James auch nicht mehr. Er würde nicht als reiner Star begraben werden - und sie nicht als dreckige Mörderin.

Mit diesem Wissen konnte sie beruhigt sterben.

Mittwoch, Juni 11, 2008

Eine kleine Träne

Eine kleine Träne meinte er in ihren Augen gesehen zu haben. Aber er war sich nicht sicher. Vielleicht war das auch nur das trügerische Spiel des Lichts gewesen. Sie hätte eigentlich weinen müssen. Das hätte alles so viel erträglicher gemacht. Wenn sie geweint hätte. Oder ihn einfach mal richtig angeschrien hätte. "Was bist Du nur für ein erbärmlicher Feigling? Du mieser Lügner, Du hast mich benutzt und betrogen! Verpiss Dich, verdammt noch mal, sofort aus meiner Wohnung und komm mir nie wieder in die Quere! Du gehörst doch...", naja.. was Männer eben so gehörten.
Wenn es nach ihm gegangen wäre - und nach allen Regeln der Natur - hätte sie ihn geschlagen. Einmal kräftig ins Gesicht, dass man den Abdruck ihrer Hand und des Rings noch Stunden später sehen konnte. Wenn es nach den Regeln der normalen Frauen ging - was er sogar mal akzeptiert hätte - hätte sie ihr Knie in seinen Weichteilen versenkt. (Sie hatte mal Fußball gespielt und hatte einen ganz schönen Kick drauf. Ihm tat schon alles weh, wenn er nur daran dachte.) Nach einer langen Standpauke, die natürlich sämtliche Nachbarn - ach was, die ganze Stadt! - unterhalten hätte - sie hätte ihm alles an den Kopf geworfen; jeden noch so kleinen Fehler, den er in den letzten drei Jahren begangen hatte; alles, was doch eigentlich gar nicht so schlimm gewesen und schon längst vergessen war - hätte sie ihm den Ring vor die Füße geschmissen, den Schlüssel eingefordert und ihn rausgeschmissen.
Wenn er durch das Treppenhaus auf die Straße kam, wären dort schon seine ganzen Sachen gelegen, die er noch bei ihr hatte. Manches zerbrochen oder zerfetzt, auf jeden Fall unbrauchbar gemacht.
Doch nichts davon war geschehen.
Er war zu ihr gegangen und hatte ihr gesagt, dass er eine andere hatte - und mit dieser anderen ein Kind. Dass es ihm leid tue, hatte er gesagt, und dass sie das eigentlich nicht verdiene.
Aber sie hatte nicht geschrien und nicht geweint und nicht rausgeschmissen.
In seiner Tasche fühlte er den Schlüssel. Die Tränen brannten in seinen Augen. Er wusste, was er verlassen hatte. Sie aber hatte nur gesagt: "Dein Wunsch hat sich erfüllt. Geh zu Deiner kleinen Familie. Lebe mit ihr und genieße diese Zeit. Das ist das, was Du Dir immer gewünscht hast. Behalte den Schlüssel, dann kannst Du immer hierher kommen. Ich hoffe, wir bleiben Freunde. Du weißt, dass ich Dich liebe und ich weiß, dass Du mich liebst. Aber Liebe hat viele Gesichter und viele Erscheinungsformen. Unsere Liebe ist eben anders. Du weißt, wo Du mich findest, wenn Du mich brauchst. Ich liebe Dich!"
Eine kleine Träne meinte er in ihren Augen gesehen zu haben. Aber es war kein Schmerz, es war die Freude, dass sich seine Wünsche erfüllt hatten.

Bis ans Ende unserer Tage

Du hast mir versprochen,
mich
zu lieben,
zu ehren
und
zu achten -
bis ans Ende unserer Tage.

Du hast mir nicht versprochen,
bei mir
zu bleiben -
bis ans Ende unserer Tage.

Mein Hades

Alles erinnert mich an Dich.
Wenn ich trinke, esse, lache.
Jeder Atemzug bist Du.
Ein Leben ohne Dich ist nichts.
Und doch bin ich hier.
Warte.
Nimm den Schmerz von meiner Seele.
Flicke mein Herz.
Es gehörte Dir.
Du warst meine Welt.
Jetzt bist Du mein Hades.

Dienstag, Juni 10, 2008

Mond, meine neue Welt?

Nur der Mond schaut meinem Wandeln zu.

Sieht bittere Tränen,

Umarmt mich sanft.

Einsamkeit und Leere stehen dabei,

Sie lachen mich aus.

Ergötzen sich an dem Schmerz,

An der leidenden Seele.

Hinter mir liegen Scherben,

Trümmer einer Welt,

Zeugen einer Zeit,

Zeichen einer Liebe.

Niemand kann verstehen,

Was meine Gefühle bestimmt.

Kein Reden, kein Trost.

Keiner sieht meine Tränen,

Sie sind zu fremd,

Zu weit weg.

Nur der Mond schaut meinem Wandeln zu,

Als wäre er mein bester Freund.

Mond, willst Du zum Trost und Schutz

Eine neue Welt mir sein?

Montag, Juni 02, 2008

Negative Seiten

Ich liebe Dich - weil Du haßt, weil Du stirbst, weil Du mir alles nimmst und unsere Träume wegwirfst
Ich liebe Dich - für all den Schmerz, für unerreichte Ziele, für mein gebrochenes Herz und die verletzten Gefühle.
Ich liebe Dich - Du hast mir Hoffnungen geraubt, Du hast mich angelogen und mir nie etwas geglaubt.
Ich liebe Dich - denn Du hörst mir nie zu, interessierst Dich nicht für mich, läßt mir einfach keine Ruh'.
Ich liebe Dich - für die Tränen und jede durchgemachte Nacht, die ich verzweifelt flehte: "Hast Du einmal nur an mich gedacht?"
Ich liebe Dich - auch an den schlechten Tagen, wenn ich einsam bin, allein mit tausend Fragen.
Ich liebe Dich - weil Du mich anschreist, weil wir streiten.
Ich liebe Dich - für Deine negativen Seiten.

It's like...

Liebe ist ein grausam schöner Schmerz, eine mutlose Gefahr, der man immer wieder verfällt.

Liebe ist die Droge, der man aus Sehnsucht nicht widerstehen kann.

Liebe ist eine Mutprobe, die man nie besteht.

Liebe ist eine Freundschaft, die nichts aushält und nichts überdauert.

Liebe ist die hoffnungsvolle Verzweiflung, der tote Traum, die endliche Ewigkeit und das stille Vergehen eines jeden, der liebt.